DEI ist kein “einfach Haken setzen und fertig”: So entsteht echte, nachhaltige Inklusion

In vielen Unternehmen wird Diversität, Gleichberechtigung und Inklusion (DEI) noch immer wie ein formaler Punkt auf der To-do-Liste behandelt – etwas, das man abhakt, um „Best Practices“ zu erfüllen. Doch wahre Inklusion entsteht nicht durch Checklisten oder oberflächliche Maßnahmen. Sie erfordert eine bewusste, langfristige Veränderung der Art und Weise, wie Unternehmen Talente finden, bewerten und entwickeln.

Ein echter Wandel im Recruiting beginnt dort, wo man über Lebensläufe, Standardfragen und reine Skills-Listen hinausgeht – und den Menschen hinter den Fakten sieht.


1. Lebensläufe sind nur ein Ausgangspunkt – nicht die Entscheidungsgrundlage

Ein Lebenslauf sagt, wo jemand war. Doch er zeigt nicht, wie diese Person denkt, Probleme löst oder mit anderen zusammenarbeitet. Er verrät nichts über Resilienz nach einem gescheiterten Projekt, Empathie in schwierigen Gesprächen oder Führungsstärke in unsicheren Phasen. Ein guter Auswahlprozess sucht nach der Geschichte hinter den Stichpunkten.

Praxis-Tipp:
Führen Sie Interviews, die Kontexte beleuchten. Fragen Sie: „Erzählen Sie mir von einer Situation, in der…“ statt nur nach Fähigkeiten zu fragen. So lernen Sie Entscheidungswege und Denkprozesse kennen.


2. Potenzial statt vergangene Erfolge

Fachliche Skills können erlernt werden. Werte, Motivation und eine Wachstumsmentalität hingegen sind schwerer vermittelbar. Wer nur auf bisherige Positionen und Tools achtet, übersieht schnell Kandidat:innen mit Lernfähigkeit, Anpassungsstärke und echtem Entwicklungspotenzial – selbst ohne passgenauen Titel im Lebenslauf.

Praxis-Tipp:
Fragen Sie nach Beispielen, in denen Bewerbende neue Fähigkeiten schnell erworben oder unbekannte Herausforderungen gemeistert haben. Achten Sie auf Lernbereitschaft, Eigeninitiative und Problemlösungskompetenz.


3. Kulturbeitrag statt „Culture Fit“

Der Begriff „Culture Fit“ führt häufig dazu, dass Unternehmen Menschen einstellen, die ihnen selbst sehr ähnlich sind – und Vielfalt sowie Innovation unterdrücken. Der entscheidende Blick sollte sein: Wie wird diese Person die Unternehmenskultur bereichern? Welche neuen Perspektiven, Erfahrungen und Ideen bringt sie ein?

Praxis-Tipp:
Integrieren Sie unterschiedliche Interviewer:innen, um blinde Flecken zu vermeiden. Verwenden Sie strukturierte Bewertungsmethoden, um Vorurteile zu reduzieren, und stellen Sie Fragen, die Werte und Motivation sichtbar machen.


4. Menschzentrierte Interviews

Ein guter Bewerbungsprozess sollte die Werte Ihres Unternehmens widerspiegeln: respektvoll, inklusiv und wertschätzend. Vorstellungsgespräche sind keine Einbahnstraße – auch Kandidat:innen entscheiden, ob sie zu Ihnen passen.

Praxis-Tipp:
Schaffen Sie Transparenz zu Prozess und Erwartungen. Verzichten Sie auf Fangfragen und sorgen Sie für ein Gesprächsumfeld, in dem Bewerbende authentisch auftreten können.


5. Die besten Talente sind nicht immer die Lautesten

Nicht jeder überzeugt in Interviews mit Charisma oder Selbstsicherheit. Introvertierte, Nicht-Muttersprachler:innen oder nervöse Bewerbende benötigen oft mehr Raum, um ihr wahres Potenzial zu zeigen – und entpuppen sich später häufig als Leistungsträger:innen.

Praxis-Tipp:
Nutzen Sie praktische Aufgaben, Case Studies oder gemeinsame Arbeitssessions, um Fähigkeiten und Denkprozesse sichtbar zu machen – unabhängig vom spontanen Redeanteil im Interview.


Fazit: Recruiting als strategischer Erfolgsfaktor

Unternehmen, die Diversität, Gleichberechtigung und Inklusion ernsthaft fördern wollen, betrachten Recruiting nicht als bloße HR-Aufgabe, sondern als strategische Kernkompetenz. Wer über den Lebenslauf hinausblickt und einen menschlichen, inklusiven Auswahlprozess etabliert, besetzt nicht nur offene Stellen – er baut langfristig ein starkes, vielfältiges und innovatives Unternehmen auf.